Pfennig Bau
Oschatzer Allgemeine - 21. Juni 2023

Jede Heizung ist möglich in Oschatz: Experten geben Entwarnung bis 2028

50 Teilnehmer informieren sich bei Stefan Vetter, Frank und Philipp Schneider sowie David Pfennig über das neue Gebäudeenergiegesetz.

Oschatz. Die Verunsicherung war in den vergangenen Monaten bei Haus- und Wohnungsbesitzern groß. Viele Fragen standen im Raum. Wie werden die neuen gesetzlichen Vorschriften beim Heizen und bei der Wärmeversorgung aussehen? Muss eine neue Heizung eingebaut werden? Kann man sich angesichts steigender Energie- und Brennstoffkosten noch eine warme Wohnung leisten? Und welche modernen und zeitgemäßen Heizmöglichkeiten gibt es?

Zumindest ein Teil dieser Fragen konnte bei der ersten öffentlichen Veranstaltung des Oschatzer Naturbaucampus’ geklärt werden. Eingeladen hatten Frank Schneider von der Oschatzer Firma Bad und Heizung Schneider und David Pfennig von der Oschatzer Firma Pfennig Bau. Um einen Überblick über die derzeitige Situation zu geben, hatten die beiden Stefan Vetter, Energieexperte und Diplomingenieur von der Sächsischen Energieagentur SAENA eingeladen. Rund 50 Gäste aus Oschatz und dem Umland waren gekommen, um sich hier aus erster Hand zu informieren.

„Wir hatten diese Veranstaltung ganz bewusst auf diesen Zeitpunkt gelegt, weil wir gehofft haben, dass wir jetzt schon etwas mehr über die gesetzlichen Vorgaben wissen. Doch so ist es leider nicht“, so Frank Schneider. Warum dies so ist, konnte Stefan Vetter aufklären: „Es gab viele Befürchtungen im Vorfeld wie: Die Heizung muss raus. Öl und Gas werden verboten. Das ist Quatsch, das wird es so nicht geben. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch in vollem Gange. Der Kabinettsentwurf steht. Das sogenannte Gebäudeenergiegesetz wird jetzt im Bundestag diskutiert. Das ist der Stand der Dinge“, so Vetter, der auf einzelne Aspekte einging und betonte, dass das Ziel, 65 Prozent der Heizenergie, durch erneuerbare Energie abzudecken, trotzdem steht. Er beleuchtete zahlreiche Fakten:

Gibt es für Hausbesitzer jetzt einen Handlungszwang?
Man muss nicht die Dinge, die im Gesetz stehen, zwingend umsetzen. Für alles, was nicht wirtschaftlich darstellbar ist, kann man sich befreien lassen. Das gilt auch, wenn es bautechnische Grenzen gibt. Und die Behörden haben in diesen Fällen auch zu befreien.

Muss der Gebäudebesitzer sofort in Sachen Heizung aktiv werden?
Jetzt sind erst einmal die Kommunen am Zug. Sie sind angehalten, den Ausbau von lokalen Wärmenetzen voranzutreiben. Erst muss die kommunale Wärmeplanung vorliegen und erst dann ist der Hausbesitzer bei einer Heizungserneuerung an die neuen Vorgaben gebunden. Oschatz ist eine Stadt mit mehr als 10 000 Einwohnern. Da gibt es einen zeitlichen Aufschub bis 2028. Bis dahin kann man jede bisher übliche Heizung einbauen oder auch herkömmliche Heizungen reparieren lassen.

Sollte sich der Hausbesitzer trotzdem, mittel bis langfristig, mit dem Thema Wärmepumpe anfreunden?
Die Bundesregierung setzt beim Umstieg von fossiler Heizenergie auf erneuerbare Energie auf Wärmepumpen. Dazu gibt es auch entsprechende Förderprogramme, welche die Investitionskosten senken. Dann ist davon auszugehen, dass die Preise für Gas, Öl, Kohle oder Pellets eher steigen als sinken. Es ist aber bei elektrischer Energie sehr wahrscheinlich, dass es Wärmpumpentarife geben wird, so dass sowohl bei den Investitionen als auch bei den Betriebskosten eine Wärmepumpe attraktiv erscheint.

Was kann man als Gebäudeeigentümer jetzt schon tun?
Als Eigentümer kann man jetzt schon viel machen. Man kann den Gebäudebestand und den derzeitigen Stand der Wärmedämmung ermitteln. Man kann den bisherigen Wärmeverbrauch und die dadurch anfallenden Kosten ermitteln und man kann mit Fachfirmen oder Energieberatern in Kontakt treten, um sich umfassend zu informieren, um die langfristige Entscheidung zu untermauern. Die Umstellung auf Wärmepumpen ist mit flankierenden Maßnahmen wie Dämmung oder Fensterwechsel verbunden. Hier kann man schon vorausschauend tätig werden. Die externe Beratung ist unverzichtbar, da es keine Lösungen von der Stange gibt und auch Berechnungen zur Dimensionierung der Wärmepumpe notwendig sind.

Kommentar: Energiewende vorbereiten
In den vergangenen Monaten ist rund um das Thema Energiegebäudegesetz und dem Einbau von Wärmepumpen viel Unsicherheit geschürt worden. Damit wollte das Oschatzer Informationsforum zu Wochenbeginn aufräumen. Zumindest die Teilnehmer des Forums dürften jetzt zum Stand der Dinge informiert sein. Weitere Entwicklung durch die Diskussion im Bundestag sind ausgenommen. Und was ist das Fazit? Bis 2028 zumindest wird sich für den Einwohner in der Stadt Oschatz nicht am jetzigen Zustand ändern – alles ist erlaubt. Ob das gut oder schlecht ist, das mag jeder Gebäudeeigentümer für sich entscheiden. Schlau ist zumindest derjenige, der die aufgeschobene Zeit nutzt, um sich auf die Energiewende in den eigenen vier Wänden vorzubereiten. In den kommenden vier Jahren lassen sich manche Vorhaben planen und umsetzen – vor allem im Bereich der Wärmedämmung. Die schlagen sich dann auch sofort wieder positiv bei den Betriebskosten nieder, sind also kein rausgeworfenes Geld. Außerdem werden viele Menschen in der Region werden in der nächsten Zeit wahrscheinlich von ihrem Versorger die Senkung der Stromtarife mitgeteilt bekommen. Das dürfte zumindest bei den Betriebskosten ein Pluspunkt für die Wärmepumpe. Aber auch Alternativen mit 65 Prozent grüner Energie sind druch den Gesetzgeber zugelassen.
Bildunterschriften:
Stefan Vetter legt den Teilnehmern der Infoveranstaltung den aktuellen gesetzlichen Stand dar. Rund 50 Zuhörer waren bei der Inforunde dabei.

Vor dem Seminarraum von Baunativ in der Alten Oschatzer Filzfabrik präsentierten Hersteller Wärmepumpen und erläuterten die Funktionsweise

Text und Foto: Hagen Rösner