Oschatz. Adris Hasan kam im
Herbst 2014 mit seiner Familie in
Oschatz an. Der Syrer ist Vater von
zwei kleinen Kindern. Als Angehörige
der religiösen Minderheit der
Jesiden flüchtete seine Familie aus
Angst vor der Terrorgruppe Islamischer
Staat, die Jesiden als „Ungläubige“
verfolgt, versklavt und ermordet.
Seit Juli 2015 arbeitet Adris bei
der Firma Pfennig-Bau in Oschatz.
Der Geschäftsführer David Pfennig
wagte das Experiment und nahm
gemeinsam mit der Agentur für Arbeit
und der Landkreisverwaltung
die ersten Hürden, um eine Beschäftigung
zu ermöglichen.
„Ein Grund ist der anhaltende Arbeitskräftemangel.
Ein weiterer
Grund war für mich die Frage, wie
die Integration der asylsuchenden
Menschen in Oschatz möglichst
pragmatisch gelingen kann“, erklärt
David Pfennig, Geschäftsführer der
Firma Pfennig-Bau.
Ausschlaggebend für die Einstellung
waren besondere Fertigkeiten
in speziellen Putztechniken und
beim Verarbeiten von Wärmedämmung,
die der syrische Flüchtling
nachweisen konnte. Neben der
Tatsache, dass diese Fertigkeiten in
das Angebotsspektrum der Firma
Pfennig-Bau passten, gab es weitere
Einstellungsgründe. „Adris
war vom ersten Tag an hoch motiviert.
Er sieht Arbeiten von allein,
packt mit an und lernt unheimlich
schnell“, erläutert David Pfennig.
„Ich bin froh, diesen Schritt gewagt
zu haben. Manchmal ist Hasan etwas
übereifrig und wir müssen ihn
bremsen und ihm beibringen, was
es mit der deutschen Gründlichkeit
auf sich hat“, schmunzelt der
Unternehmer.
Was bringt die Arbeitsaufnahme
unter dem Strich für das große
Schlagwort der Integration?
Seit Herbst 2014 kümmert sich das
Oschatzer Bündnis für Demokratie,
Toleranz und Menschlichkeit
um die Frage, wie die in Oschatz
ankommenden Asylbewerber integriert
werden können. David Pfennig
ist Mitbegründer des Oschatzer
Bündnisses. In puncto Arbeit sieht
er die größten Chancen für die Vermittlung
der deutschen Werte und
einer gesellschaftlichen Integration.
„Adris wurde dank meiner Mitarbeiter
von Beginn an in das Team
integriert. Er hat Kollegen, mit denen
er sich austauscht, er verdient
eigenes Geld, er möchte etwas zurückgeben,
er lernt automatisch,
wie das Leben in Deutschland
funktioniert und ist dankbar für
diese Chance“, zählt David Pfennig
die Punkte auf, die eine erfolgreiche
Integration ermöglichen.
Und noch ein Punkt ist von Bedeutung.
Als Adris Hasan nach
Deutschland kam, sprach er kaum
ein Wort Deutsch. Durch den Austausch
mit den Kollegen ist er in der
Lage, sich mühelos auf Deutsch zu
verständigen. Egal ob es darum
geht, Arbeitsaufgaben zu verstehen
und mit den Kollegen abzustimmen
oder seinem Chef zu erklären, wie
es seinem kranken Bruder geht
und wo es bei den Kindern in der
Schule klemmt, die Verständigung
funktioniert.
„Ich bin der Überzeugung, dass
unser bisheriges System, Menschen
in Arbeit zu bringen angesichts
der steigenden Asylbewerberzahlen
nicht mehr funktioniert“,
ist sich David Pfennig
sicher. „Wir haben einen ausgewiesenen
Arbeitskräftemangel.
Um asylsuchende Menschen in
Arbeit zu bringen, müssen neue
Wege gegangen werden. Das
fängt bei der Registrierung der
Berufe und Fähigkeiten an, erstreckt
sich auf ein bedarfsgerechtes
Angebot an berufsbegleitenden
Sprachkursen und endet in einer
guten und effi zienten Vernetzung
der verschiedenen Ämter und Institutionen“,
so Pfennig. Außerdem
hinterfragt er, warum Asylbewerber
erst 15 Monate zum Nichtstun
aufgrund der Gesetzeslage
verdonnert sind und danach mit
einem Male arbeiten dürfen. Was
will man mit dieser Frist erreichen
und was ist nach den 15 Monaten
anders, gibt er zu bedenken.
Das Oschatzer Bündnis hat sich,
unter vielen anderen Punkten,
auch das Ziel gesetzt, die Integration
durch Arbeit voranzubringen.
Auch andere Unternehmen haben
in den vergangen Monaten asylsuchende
Menschen im Landkreis
eingestellt. Arbeitgeber, welche
Interesse haben, können sich mit
ihren Fragen gerne an das Oschatzer
Bündnis oder an David Pfennig
wenden.
Die Firma Pfennig-Bau aus Oschatz
hat ein Beispiel geschaffen, das
zeigt, wie es gehen kann. Nun
muss die Struktur angepasst werden
und interessierten Arbeitgebern ein
möglichst einfacher Weg zur Einstellung
asylsuchender Menschen
aufgezeigt werden.
Bildunterschrift:
Meister Alexander Luchs zeigt Adris Hasan historische Bautechniken (Wickeln von Lehmstaken sowie Auswerfen
von Weidengeflecht mit Lehm) mit Lehm beim Ausfachen von Fachwerk.