Pfennig Bau
Sonderveröffentlichung OAZ - 30. November 2011

Mittelschule in Oschatz fertig saniert

Ein knappes Jahrzehnt Baustelle

Südfassade fertig / Mittelschule erhält Namen Robert Härtwig


Oschatz (ak). Vor fast zehn Jahren begann die Stadt Oschatz, in das historische Schulgebäude in der Bahnhofstraße zu investieren. Zwar sind ausreichender Platz und ein repräsentatives Aussehen deutliche Pluspunkte für einen Schulstandort. Aber natürlich soll in dieser großzügigen Hülle zeitgemäß gelehrt und gelernt werden.

Dazu gehört unter anderem, dass moderne Medienanschlüsse bereitstehen müssen. An Brand- und Unfallschutz stellt der Gesetzgeber heute andere Anforderungen als noch vor 20 Jahren. Noch schneller haben sich in der jüngeren Vergangenheit die Auflagen hinsichtlich der Energieeffizienz öffentlicher Gebäude geändert, wenn die Baumaßnahme öffentlich gefördert werden soll. Das erfordert so manchen Spagat. Die Fenster des Hauses, dessen Bau vor 130 Jahren begann, sollen nach dem Willen der Denkmalschutzbehörden so aussehen, als ob sie aus jener Zeit stammen. Andererseits müssen sie heutigen Standards für Schallschutz und Wärmedämmung genügen. Schmale Profilleisten waren mit modernem Glas zu kombinieren“, sagt dazu Bernd Koch, Geschäftsführer der Tischlerei Oschatz GmbH. „Der Industrie dürfte es schwerfallen, dafür passende Lösungen anzubieten. Wir haben sie mit unserem handwerklichen Know-how komplett in Oschatz gebaut.“ Sie – das sind, rechnet man das Kellergeschoss mit, insgesamt 139 Fenster. „Das sie wenig Wärme an die Umwelt abgeben, wird man in Zukunft hoffentlich deutlich im Stadtsäckel spüren“, meint Bernd Koch. Handwerkliches Können war auch bei der Aufarbeitung der massiven Eingangstüren gefragt. Sie entstanden in einer Zeit, als solche Bauteile noch nicht industriell, aber mit viel Liebe zum Detail angefertigt wurden. Das lässt sich nach der Sanierung wieder gut erkennen.

Seit 1992 ist das Schulgebäude fast ununterbrochen Baustelle gewesen. Nur zwischen 1994 und 1999 liefen keine Baumaßnahmen. „Vom Keller bis zum Dach ist das Haus inzwischen fast komplett saniert“, erläutert die im Oschatzer Rathaus für die Stadtkernsanierung zuständige Sachbearbeiterin Bettina Trenkler. So nehmen die Fußböden in der Schule, die im Laufe der Jahre komplett saniert wurden, eine Fläche von rund 5500 Quadratmetern ein. Aus dem Bauamt war ebenfalls zu erfahren, dass rund 400 Wassereimer Farbe benötigt würden, um die Räume in der Schule einmal zu streichen. Im Haus könnte man auch das Sprinten üben, schließlich sind die Flure von Giebel zu Giebel 80 Meter lang.

„Lediglich die Außenanlagen sind noch zu gestalten und kleinere Teile der Außenhaut müssen noch erneuert werden. Abgerechnet wurden in den vergangenen Jahren Bauleistungen im Umfang von 4,7 Millionen Euro. Darin ist die soeben abgeschlossene Sanierung der Südfassade, für die rund eine Million Euro veranschlagt war, noch nicht enthalten“, sagt Bettina Trenkler. Von diesen Baukosten seien rund 2,3 Millionen Euro durch Bund und Freistaat gefördert worden. Für den jüngsten Bauabschnitt betrug die im Rahmen des Programmes „Stadtumbau Ost“ gewährte Förderquote nach Angaben aus dem Rathaus 66 Prozent.

Ehrung für Initiator nach 128 Jahren

Oschatz. Wenn das Schulgebäude in der Bahnhofstraße 5 heute den Namen Robert Härtwig erhält, schließt sich ein Kreis. Im März 1881 beschloss der Oschatzer Stadtrat den Bau dieses Hauses. Bürgermeister der Stadt war zu diesem Zeitpunkt Robert Härtwig. Im Jahr 1883 konnte die Schule eingeweiht werden. Bis in die 1930er Jahre wurden Mädchen und Jungen hier übrigens getrennt unterrichtet.

Seit der Einweihung vor 128 Jahren gab es in der Schulgeschichte des Hauses nur für wenige Jahre Unterbrechungen. Während des 2. Weltkrieges diente es zunächst als Notquartier für ausgesiedelte Deutsche, zum Ende des Krieges wurden Flüchtlinge aus dem Osten einquartiert. Nach dem Krieg erhielt die Schule anstelle des Namens eines Funktionärs des nationalsozialistischen Lehrerbundes den des Oschatzer Lehrers Erich Vogel. Er war KPD-Mitglied, wurde von den Nazis aus dem Schuldienst entfernt und während deren Herrschaft mehrfach in Konzentrationslagern gefangen gehalten.

Als kurz danach der Schulbetrieb in zwei Einrichtungen unter einem Dach getrennt wurde, entstand neben der Erich-Vogel- Schule die Pestalozzischule. Nach der Verabschiedung des sächsischen Schulgesetzes 1992 wurde aus der Pestalozzischule ein Gymnasium. Der nach Erich Vogel benannte Teil diente als Grundschule. Ab 1995 hatte im Schulhaus nur noch das Pestalozzi- Gymnasium sein Domizil. Zum bisher letzten Mal wurde 2004 eine Entscheidung des Stadtrates zur Schulstruktur in Oschatz wirksam, die das Schulgebäude an der Bahnhofstraße betraf. Es wurde beschlossen, dass für Oschatz und sein Umland nur noch ein Gymnasium gebraucht wird. Dieses wurde im Thomas-Mann-Gymnasium eingerichtet. Aus dem Pestalozzi- Gymnasium wurde der zentrale Oschatzer Mittelschulstandort.

Mehr zur Schulgeschichte unter: cms.sn.schule.de/ms-oschatz/schule/schulgeschichte
Fotos:
Sven Bartsch (4), Dirk Hunger (4)