Pfennig Bau
Deutschlandfunk - 25. November 2025

Umwelt und Verbraucher – Strohhaus in Dresden

Moderatorin: Wände aus Stroh statt aus Ziegeln oder Beton: Die Strohballen-Bauweise gilt als sehr umweltverträglich. Traditionell wurde Stroh häufig bei Fachwerkhäusern eingesetzt. Neubauten gibt es in Deutschland bislang kaum. Unter anderem, weil dabei viel Handarbeit nötig ist und das treibt die Kosten in die Höhe. In Dresden wird gerade eine neue Stroh-Bauweise ausprobiert, mit vorgefertigten Wandelementen. Unser Sachsen-Korrespondent Alexander Moritz hat sich das angesehen.

Alexander Moritz (Reporter): Neben den historischen Häuschen im dörflichen Dresdner Stadtteil Altwachwitz läuft derzeit ein bautechnisches Experiment. Das steile Hanggrundstück am Elbufer war früher ein Weinberg. Nun wird hier ein Haus gebaut – komplett aus Stroh, erklärt Architektin Valerie Naito.

Valerie Naito (Architektin): Hier wird ein Einfamilienhaus gebaut. Ganz herkömmlich: 180 Quadratmeter für eine dreiköpfige Familie. Das Besondere ist, dass eben dieses Gebäude in Strohbauweise entsteht. Und zwar nicht in der herkömmlichen, traditionellen Strohbauweise, so wie eben auch Fachwerkbauten gebaut werden, sondern eben Modulbauweise.

Alexander Moritz: Im traditionellen Fachwerkbau bauen Zimmerleute Holzrahmen, in die dann auf der Baustelle Stroh geschichtet und gepresst wird. Viel Handarbeit. Auf der Baustelle in Dresden kommen dagegen vorgefertigte Module zum Einsatz. Das macht den Bau schneller und damit günstiger.

Valerie Naito: Dieses Erdgeschoss hier wurde an einem Tag gestellt – die Außenwände. Jedes Modul besteht aus einem strohgefüllten Holzrahmen: 1,25 Meter auf 2,50 Meter. Die werden dann noch verputzt mit Innenputz, der Erstbewurf in Lehm und Außenkalk. Das ist jetzt der Zustand, den Sie jetzt auch hier sehen.

Alexander Moritz: Auf das Erdgeschoss soll noch ein Obergeschoss und ein ausgebauter Dachstuhl aufgesetzt werden. Für insgesamt sechs Zimmer und zwei Bäder. Das Stroh sorgt für Isolierung, geheizt wird mit einer Wärmepumpe. Der Rohbau soll innerhalb eines Monats fertig sein.

David Pfennig (Bauunternehmer): Und man kann halt relativ schnell hintereinander weg bauen.

Alexander Moritz: David Pfennig hat die Wände gesetzt. Sein Baubetrieb im Städtchen Oschatz ist spezialisiert auf nachhaltige Baustoffe. Hier wurden die neuartigen Module entwickelt und hergestellt – gefördert unter anderem mit Geld aus dem Topf für den Strukturwandel in den bisherigen Braunkohleregionen.

David Pfennig: Ich sehe dort wirklich eine Riesen-Chance, weil ich halt ein standardisiertes Element habe, was auch fertig mit statischen Werten untersetzt ist. Das ist in Planung gerade, wo auch der Brandschutz geprüft ist, wo ich quasi aus dieser Ecke rauskomme „Das ist so die Bastellösung für den Selberbauer“, sondern das geht hintereinander weg. Man kann auch mal 'ne Kita machen oder 'ne Schule oder sowas. Wäre alles möglich und das geht natürlich schnell und ist natürlich auch preislich 'ne attraktive Lösung dann.

Alexander Moritz: Davon ist auch Architektin Naito überzeugt. In ihrem Dresdner Büro beschäftigt sie sich seit Jahrzehnten mit Strohbau.

Valerie Naito: Strohbauweise ist die Zukunft.

Alexander Moritz: Strohhäuser versprechen besseres Raumklima. Da die Wände durchlässig für Wasserdampf sind, gebe es keine Schimmelbildung oder andere durch Wasser verursachte Bauschäden. Das Haus besteht zudem komplett aus wiederverwertbarem Material.

Valerie Naito: Diese Wand besteht in der Tat nur aus Stroh, Lehm und Holz. Das sind alles regenerative Baustoffe, in den Kreislauf wieder zurückführbar.

Alexander Moritz: Und Stroh ist klimafreundlich. Während Beton zu den größten Treibern von CO2-Ausstoß weltweit gehört, soll das Gebäude in Dresden klimaneutral, sogar klimanegativ sein. Im verbauten Holz und Stroh soll also mehr CO2 gebunden sein, als während des Baus durch Baumaschinen und Transport freigesetzt wird. Rund eine halbe Million Euro kostet den Bauherrn das Gebäude. Laut Architektin Naito vergleichbar mit konventionellen Fertigbauhäusern aus Beton, Ziegeln oder anderen Baustoffen. Auch Lehmbauer Pfennig ist vom Strohbau aus Fertigteilen überzeugt.

David Pfennig: Das ganze Element können Sie eigentlich nehmen und auf den Kompost legen. Die Entsorgungskosten sind geringer und wenn man die mit reinrechnet, denke ich, ist das eine attraktive Sache. Zumal der CO2-Preis, der ja neuerdings immer mehr besteuert wird, hier nicht reinspielt, weil wir binden sogar CO2. Eigentlich müsste man CO2-Preis rausbekommen, wenn man so ein Haus baut.

Alexander Moritz: Größte Herausforderung des Strohbaus: die Tragfähigkeit. Zwar gibt es etwa in Frankreich bereits Strohbauten mit bis zu sieben Stockwerken; hier sei diese Bauweise jedoch noch recht unbekannt, beklagt Architektin Naito. Sie hofft, dass sich das mit dem Pilotprojekt in Dresden ändert.

Valerie Naito: Es ist möglich. Wohn- und Geschäftshäuser, Mehrfamilienhäuser, Fortbildungszentrum – das ist möglich. Da brauchen wir gar nicht weit gucken, die Franzosen haben uns das vorgemacht. Die Kollegen sind da definitiv viel weiter voraus. Die Franzosen sind uns vorne weg zehn Jahre, vielleicht sogar 15 Jahre voraus.

Alexander Moritz: Für das kommende Jahr plant sie einen weiteren Neubau und träumt davon, eine ganze Siedlung aus mehrstöckigen Strohballenhäusern zu bauen.

Valerie Naito: Die Investoren haben es noch nicht verstanden. Es wird immer noch mit den alten Rezepten weitergemacht. Es wird so getan, als ob wir hier irgendwie noch eine andere Welt haben. Wir haben aber keine andere Welt. Wir müssen wirklich jetzt die Chance ergreifen, alles zu ändern, was nur geht.

Alexander Moritz: Alexander Schrode, für den das Haus in Dresden gebaut wird, arbeitet selbst im Bereich Nachhaltigkeit. Ein Haus aus Stroh war für den 43-Jährigen auch eine Entscheidung aus Überzeugung.

Alexander Schrode (Bauherr): Wir wollen drinnen noch so eine Fläche einbauen, durch die man dann das Stroh durchsehen kann. Für Personen, die sich für die Bauweise interessieren, dass die auch mal das erleben können, auch mal sich für ein oder zwei Nächte das anmieten können. Wirklich erfahren können, riechen können, wie das ist, in einem Strohhaus zu wohnen.

Alexander Moritz: Wenn alles gut geht, will er kommendes Ostern einziehen.

Moderatorin: Haus aus Stroh. Alexander Moritz hat ein innovatives Bauprojekt aus Dresden vorgestellt.