Dresdener Neuste Nachrichten - 22. Oktober 2025
Nachhaltiges Bauen am Dresdner Elbhang: Ein Haus aus Holz, Stroh, Lehm und Kalk
Mit einer neuen Modultechnik entsteht am Elbhang ein Einfamilienhaus aus Holz, Stroh, Lehm und Kalk. Es kostet nicht mehr als ein normaler Neubau, betonen die Verantwortlichen.Dresden. Holz, Stroh, Lehm und Kalk – das sind die Materialien, aus denen am Elbhang gerade ein Einfamilienhaus entsteht. Es wird eine Wohnfläche von 180 Quadratmetern haben, zwei Etagen und ein ausgebautes Dach mit Photovoltaik obendrauf – und natürlich den Super-Blick ins Elbtal. Vor allem aber ist es auch deutschlandweit das erste Haus, das mit einer neuen Modultechnik gebaut wird. Und die kommt nicht zuletzt aus Oschatz.
Die Dresdner Architektin Valérie Madoka Naito hat das Haus entworfen und betreut den Bau. Sie widmet sich mittlerweile voll und ganz dem Bauen mit nachhaltigen Baustoffen, denn in dieser Technik sieht sie die Zukunft. Die Materialien, die in dem Haus verbaut werden, sind nicht nur ökologisch sinnvoll, nachwachsend und kommen aus der Region, sie haben auch hervorragende Eigenschaften, was Dämmung, Energieeffizienz, Brandsicherheit und baubiologische Gesundheit angeht. „Wir nehmen das, was die Natur uns zur Verfügung stellt“, sagt sie. „Ökologisch, ökonomisch, sozialverträglich.“
Wer will, kann im Haus „probewohnen“
Für so ein Projekt braucht es allerdings auch einen Bauherrn, der offen ist für diese Bauweise. „Einer“, sagt Naito, „der das will und bereit ist, ein Zeichen zu setzen.“ Das ist Alexander Schrode. Er wird mit Frau und Tochter in das Haus einziehen. „Nachhaltigkeit ist uns persönlich und beruflich wichtig“, sagt er. Seine Frau und er selbst arbeiten in diesem Bereich.
Es wird im Haus auch ein großes Arbeitszimmer geben – gleichzeitig Gästezimmer. Plan ist, das auch zur Verfügung zu stellen, wenn sich jemand für diese Art des Bauens interessiert und mal erleben will, wie es sich dort wohnt. Ab dem nächsten Frühjahr oder Frühsommer könnte es so weit sein – dann will die Familie im neuen Heim einziehen. Und beim Tag der Architektur im nächsten Jahr soll es Besichtigungen geben.
Das Haus steht auf insgesamt 38 Rammpfählen, die drei Meter tief bis auf den Fels in den Boden getrieben wurden. Noch sind sie ein Stück zu sehen, das wird aber mit Erde aufgefüllt. Der Rohbau selbst geht schnell. „An einem Tag war das erste Geschoss gestellt“, sagt Naito. Auch dank der Technik aus Oschatz. Dort hat David Pfennig im Gebäude der ehemaligen Filzfabrik eine Pilotanlage für die Produktion der Strohballen-Elemente errichtet. Er erstellt den Rohbau am Elbhang.
Die selbsttragenden Ballen in einer Größe von 1,25 mal 2,50 Metern sind 45 Zentimeter dick, das Stroh wird mit 15 Tonnen Druck auf diese Größe gepresst und in einem Holzrahmen fixiert. Das gibt es so erst seit Mitte des Jahres. Mit dem Lehmputz, den die Ballen dann bekommen, erfüllen sie auch jede Brandschutznorm. Ein Feuer könnte sich in dem fest gepressten Stroh nicht ausbreiten. Zimmerer Andreas Thomas, der mit seiner „Zimmerei und Ökobau“ in Weixdorf ansässig ist, baut das Dach.
„Kostet nicht mehr als ein normaler Neubau“
„So ein nachhaltiges Haus kostet nicht mehr als ein normaler Neubau“, versichern Architektin und Bauherr unisono. Was das Bauen dort am Wachwitzer Elbhang aber teurer macht, ist die Logistik auf engem Raum an schmaler Straße. Die angelieferten Materialien müssen mit einem kleinen Kran auf eine eigens errichtete Plattform gehoben werden, von dort transportiert sie ein bewegliches Kettenfahrzeug ans Haus, wo wiederum ein großer Kran steht, der die Bauteile an die richtigen Stellen hievt.
Alles eng. Und auch der Grund, warum Bauherr Schrode seinen ersten Plan wieder verwerfen musste: ein Öko-Fertighaus – die Teile wären für den Transport an den Örtlichkeiten zu groß gewesen. In Eigenleistung hat er selbst Platz geschaffen und eine Mauer weggehämmert, die im Weg stand. Und wenn die Kräne weg sind, muss noch Erde zu einem waagerechten Plateau aufgeschüttet werden, damit der vorgeschriebene Stellplatz eingerichtet werden kann. Wobei: Ein eigenes Auto hat die Familie nicht und will auch keines anschaffen.
Bund und Freistaat setzen ebenfalls auf die neuen, nachhaltigen Techniken. Erfunden und entwickelt hat die Strohelemente der Diplomingenieur und Zimmermann Werner Ehrich in Weißenfels (Sachsen-Anhalt). Die Produktionsanlage von Pfennig-Bau in Oschatz wird mit Bundesmitteln aus dem Modellvorhaben „Unternehmen Revier“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Der Hausherr am Elbhang bekommt Fördermittel aus dem Programm „KORREKT bauen – KOstengünstig, Regional, REcyclingfähig, Klimapositiv, Transformativ". Dafür soll er allerdings auch sein Haus als gutes Beispiel vorstellen und bekannt machen. Eine Webseite dazu (www.strohhaus-dresden.de) und einen Auftritt in sozialen Medien bereitet Alexander Schrode gerade vor.
Wunsch und Ziel von Architektin Naito ist es indes, in Dresden eine ganze Siedlung mit Strohballen-Häusern zu bauen – „schnell, seriell“. Die Flächen wären da, meint sie, es mangelt allerdings noch an Investoren. Und es geht ihr auch darum, die Erfahrungen und das Wissen um nachhaltiges Bauen weiterzugeben – zum Beispiel in Workshops und Info-Veranstaltungen.
Auch hat sie schon einen „Strohstammtisch“ ins Leben gerufen, mit einem „Lehmstammtisch“ gibt es eine Kooperation. Sind da andere Architekten dabei? „Nein“, schüttelt sie den Kopf, „nur lauter Handwerker. Die Architekten, die haben bis jetzt den Schuss nicht gehört.“
Bildunterschrift:
Sie arbeiten gemeinsam an dem Projekt nachhaltiges Haus: Bauherr Alexander Schrode, Rohbauer David Pfennig, Zimmerer Andreas Thomas und die Architektin Valérie Madoka Naito.Von Jakob Bernd Hempelmann