Die Firma Pfennig Bau in Nordsachsen schafft es auch in den aktuell schwierigen
Zeiten, Mitarbeiter zu gewinnen. Das hat viele Gründe.
David Pfennig hat gut kontern:
Als Minister Martin Dulig die
Pfennig Bau GmbH in Oschatz
kürzlich auf dessen Gute-Arbeit-Tour besucht,
weiß der Geschäftsführer auf jede
Frage, auf jede bestätigende Aussage eine
überraschende, so nicht erwartete Antwort.
Lobt ihn die Referentin aus dem Ministeriumsstab,
bei solch einer Leidenschaft
für den Beruf sei es ja offenbar ein
Leichtes, auch in diesen Zeiten neue Mitarbeiter
zu finden, antwortet er: „Für
jetzt 51 Angestellte mussten wir knapp
80 Leute einstellen, die bleiben nicht alle
automatisch bei uns. Zum Beispiel wenn
jemand eine Freundin aus Eritrea hat,
dann zieht er mit ihr lieber nach Frankfurt
am Main.“ Fluktuation unter den
Mitarbeitern gibt es also auch trotz leidenschaftlicher
Berufsausübung. Erklärt
der Minister, dass das Vergabegesetz geändert
werden solle, um soziale und ökologische
Standards hochzuschreiben, unterstützt
ihn Pfennig: „Das klingt gut.“
Um zu ergänzen. „Die Frage ist nur, wie
es umzusetzen ist.“ Auch Arbeitsschutz
müsse „wirtschaftlich darstellbar sein.“
Wer jetzt denkt, David Pfennig sei einer
dieser Klischee-Geschäftsführer, die bei
jeder geplanten Veränderung, die nicht
ausschließlich die Gewinnmaximierung
in den Mittelpunkt stellt, den wirtschaftlichen
Untergang des Abendlandes prophezeien,
der irrt. Mindestlohn? „Da bin
ich ein absoluter Befürworter!“ Allerdings
sollte der so gestaffelt sein, durchaus
auch nach unten, dass ein Unterschied
zwischen Bauhilfstätigkeiten und qualifizierten
Arbeiten auch noch erkennbar
sei. Klimaschutz? Seit 2018 stellt die Photovoltaikanlage
auf dem Dach des Firmensitzes
und ein Energiespeicher
63 Prozent des Energiebedarfs von Pfennig
Bau sicher – im Sommer erzeugt die
Firma drei Monate lang nahezu 100 Prozent
der Stromversorgung selbst.
EIgene Aus- und Weiterbildung
Arbeitsschutz? Ein Mitarbeiter meldet
sich beim Ministerbesuch zu diesem Thema
zu Wort und sagt: „Ich denke, wenn
man für etwas brennt, dann passieren die
wenigsten Arbeitsunfälle.“ Doch David
Pfennig wehrt ab: „Ich glaube nicht, dass
wir vorbildhaft mit Arbeitsschutz umgehen,
sondern wir versuchen zu machen,
was möglich ist. Aber es ist geradezu unmöglich,
alle Vorschriften einzuhalten.“
Die erste Corona-Welle habe ihn extrem
belastet, trotz eigens angeschaffter Belüftungsanlage,
drei zusätzlich gekauften
Fahrzeugen, um die Schichten zu trennen,
mehr sei nicht möglich – aber ob es
reiche? Vor allem sein engagiertes und
zuverlässiges Team lasse ihn hoffen, sowohl
die Mitarbeiter zu schützen, als
auch die zweite Welle wirtschaftlich gut
zu überstehen
Denn dass sowohl David Pfennig als
auch seine Mitarbeiter für das brennen,
was sie tun und dass sie es unglaublich
gern tun, zeigt sich noch im kleinsten
Detail, in spontanen Äußerungen.
Schon als Kind war David Pfennig fasziniert
vom Beruf seines Vaters, der zu
DDR-Zeiten mit Gleichgesinnten Kirchen
sanierte und so vor dem Verfall bewahrte
und nach der Wende Restaurator und
Denkmalpfleger wurde. Auch Pfennig ju-
D
nior spezialisierte sich in diese Richtung.
2004 gründete er die Pfennig Bau GmbH
als Einzelunternehmen. Noch im selben
Jahr stellte er zwei Mitarbeiter ein, im
Jahr darauf der erste Lehrling im Betrieb.
Seitdem bildet Pfennig Bau regelmäßig
aus. Auch die eigene Aus- und Weiterbildung
ist dem Chef wichtig, er ist Gebäudeenergieberater,
stellt sich und seine Firma
immer wieder neuen Herausforderungen:
2006 folgt die Spezialisierung auf
Einblasdämmung, eine effiziente und
kostengünstige Wärmedämmung, der
Betrieb ist Isofloc-zertifiziert. Etwa 2 400
Häuser hat Pfennig Bau seitdem gedämmt.
Oder das Bauen mit Lehm, „der
ist baubiologisch einwandfrei“, schwärmt
Pfennig, „relativ wenig Betriebe in unserer
Größenordnung bieten das an. Und es
ist wirtschaftlich
darstellbar.“ Als
er das Wohnhaus
für seine
Familie umbaute,
vertiefte er
sein Wissen um
biologische Bauund
Dämmstoffe
ganz praktisch.
Später baute er
den früheren
Pferdestall gleich
nebenan zum Büro um und sanierte es
als Passivhaus, ohne Heizung. Seitdem
gehören Passivhäuser ebenfalls zum Portfolio
wie Altbausanierung und Denkmalpflege.
2011 dann ein weiterer großer
Schritt: Die alte Filzfabrik in Oschatz,
zum Glück ganz in der Nähe des Firmensitzes,
bot dringend benötigte Lagerflächen,
für die Baufirma wie für das zweite
Standbein: Alles, was Pfennig Bau verarbeitet,
vertreibt die Baunativ GmbH, ein
Fachhandel und Onlineshop für hochwertige
und nachhaltige Bau- und
Dämmstoffe, die Pfennig bereits 2006
gründete und seit 2012 unter diesem Namen
firmiert. Bis zu 18.000 Pakete verlassen
wöchentlich das Geschäft in alle
Himmelsrichtungen Europas und sogar
darüber hinaus.
Wer so wächst, der braucht Arbeitskräfte,
und zwar solche auf die er sich
verlassen kann. Vom Lageristen bis zum
Baubiologen. Und wer die Branche kennt,
der weiß, dass sie Händeringend Leute
sucht. David Pfennig ist vor allem offen
gegenüber denjenigen,
die bei
ihm arbeiten
wollen. Ihm ist
wichtig, dass die
gleich erfahren,
worauf es bei
ihm ankommt.
„Wer mal als
Schüler bei uns
ein Praktikum
gemacht hat, der
weiß, dass drei-
Viertel sechs vom Hof gefahren wird und
nicht später.“ Wer damit nicht klar
kommt, muss sich gar nicht erst bei ihm
bewerben. Aber genauso wichtig ist es
dem Geschäftsführer, dass niemand in
seiner Firma ohne Geld arbeitet. Auch
Schülerpraktikanten bekommen einen
kleinen Obolus – eine Praxis, die für die
Ohren einiger großen Unternehmer übrigens
völlig unverständlich ist. Noch.
Denn auch bei denen ist der Fachkräftemangel,
die oft geradezu verzweifelte Suche
nach geeigneten Azubis angekommen;
dass bezahlte Schülerpraktika ein
Mittel dagegen sein könnten, hat sich
noch längst nicht überall herumgesprochen.
Maskottchen am Start
Bei Pfennig Bau muss niemand länger auf
Montage. Baustellen, die zu weit entfernt
liegen, werden nicht angenommen. Einzig
für die Einblasdämmung müssen die
Mitarbeiter in Ausnahmefällen auswärts
übernachten – maximal zwei Nächte pro
Monat. Für viele der Mitarbeiter ein wichtiger
Grund, eben nicht regelmäßig pendeln
zu müssen und Heimat und Familie
länger nicht zu sehen. Aus acht Nationen
stammen seine 51 Angestellten. „Mit den
Mitarbeitern mit Migrationshintergrund
haben wir dieselben Erfahrungen gemacht
wie mit denen aus Deutschland“,
sagt Pfennig. „Mit manchen klappt’s, mit
anderen nicht.“ Er ist überzeugt, dass
man Deutsch am besten am Arbeitsplatz
lernt, und die Erfahrung gibt ihm recht.
Pfennig bietet seinen Leuten Weiterbildungen,
Betriebsausflüge, faire Bezahlung,
interessante Arbeitsmöglichkeiten.
Nicht zu vergessen: Feiern. Anlässe dafür
bieten Firmen-. Gründungs- oder Gebäudejubiläen.
Oder die zahlreichenAuszeichnungen,
mit denen sich der Betrieb mittlerweile
schmücken kann. 2019 zum 15-jährigen
Betriebsjubiläum kamen über 1 000 Besucher.
Die bekamen unter anderem einen
Weltrekord zu sehen: den höchsten Turm
aus Dämmstoffsäcken mit einer notariell
beglaubigten Höhe von 11,90 Metern,
den die Mitarbeiter bauten. Sogar ein eigenes
Stofftier-Maskottchen hat Pfennig
Bau seit zwei Jahren. Zwei seiner drei
Kinder haben bereits mehrmals in den
Ferien mit im Betrieb gearbeitet. Während
des ersten Lockdowns haben sie ein
Fachwerkgartenhäuschen alleine mit
Lehm verputzt, „beide können schon in
Grundkentnissen mit der Kelle umgehen“,
berichtet der Vater stolz.
Und Nachwuchssorgen? Eher nicht.
„Die größte Herausforderung bei allen ist
doch, die Leute immer wieder zu motivieren.“
Pfennig scheint das gut zu gelingen.