Griechische Berufsschullehrer und Berater bilden sich in der Region fort
KOOPERATION: Duales Ausbildungssystem und Energieeffizienz stehen im Mittelpunkt des Interesses
Von Olaf Blümel
Griechenland ist in letzter Zeit
nicht eben ein Garant für gute
Nachrichten. Neben vielen anderen
Problemen hat das Geburtsland
der Demokratie auch mit einer Jugendarbeitslosigkeit
zu kämpfen, die selbst für
ostdeutsche Verhältnisse auf einem erschreckend
hohen Niveau von über 40 Prozent stagniert.
Wie eine praxisnahe Ausbildung und
ein Übergang in ein Beschäftigungsverhältnis
gelingen können, erkundete eine 17-
köpfige Gruppe griechischer Pädagogen Mitte
Januar in und um Leipzig.
Erfolgsmodell duale Ausbildung
Der Besuch der südeuropäischen Bildungsfachleute
ist Teil des Projektes „ALLEX
2012“ (Athen-Leipzig-Learning-Exchange).
Ein Großteil der Gruppe waren Berufschullehrer
der größten technischen Bildungseinrichtung
in Griechenland, der Sivitanidios-
Schule Athen. Des Weiteren gehörten
Arbeitsmarkt- und Gründungsberater zu
der Delegation. Während des einwöchigen
Aufenthaltes machten sich die Hellenen mit
dem System der dualen Berufsausbildung
vertraut. Ein Miteinander von Berufsschule
und Ausbildungsbetrieb ist in Griechenland
nicht üblich, in der Regel lernen die
Schulabgänger lediglich in einer staatlichen
Berufsschule. So erhält zwar jeder Jugendliche
eine Ausbildung, der Übergang in die
Praxis gestaltet sich dann allerdings schwierig.
Entsprechend beeindruckt zeigten sich
die Griechen von den praktischen Ausbildungsmöglichkeiten
im Bildungs- und
Technologiezentrum der Handwerkskammer
und den Fertigkeiten der Lehrlinge.
Energieeffizienz rückt in den Fokus
Auf großes Interesse stießen ebenso die
Themen Energieeffizienz und Unternehmensgründung.
Durch den Besuch bei der
Baufirma Pfennig konnten diese zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen werden.
Mit dem Oschatzer Unternehmen lernten
die Besucher eine Firma kennen, welche bei
der energieeffizienten Gebäudesanierung
eine Vorreiterrolle spielt. Diese Rolle betonte
auch der Oschatzer Oberbürgermeister
Andreas Kretschmar, der die Gäste begrüßte
und seiner Wertschätzung für die
mittelständischen Unternehmer der Döllnitzstadt
zum Ausdruck brachte. Ausführlich
erläuterte Geschäftsführer David Pfennig
den Tätigkeitsbereich des Unternehmens.
Am Beispiel des sanierten Firmensitzes
in der Oschatzer Bahnhofstraße stellte
er den Einbau von Dämmung mit spezieller
Einblastechnik vor. Das rund 100 Quadratmeter
große Bürogebäude verursacht Heizkosten
von gerade mal 150 Euro jährlich.
Grund dafür: eine spezielle Dämmung
durch eine vier Zentimeter starke Holzweichfaserplatte
und bis zu 36 starke Isofloc-
Dämmschichten sowie die Wärmerückgewinnung.
Dabei wird die Abwärme
der Bürogeräte genauso genutzt wie die
Menschen im Raum. „Am kältesten ist es
bei uns nach dem Wochenende, wenn niemand
im Büro ist“, erklärte Pfennig den erstaunten
Besuchern. Dass der Zellulosedämmstoff
auch noch brandresistent ist,
zeigte sich beim Praxistest und verblüffte
nicht minder. Die griechischen Gäste stellten
heraus, dass Wärmedämmung inzwischen
auch in Südeuropa ein Thema ist.
Bürokratie behindert Unternehmer
Viele Fragen stellten die griechischen Pädagogen
und Berater rund um die Modalitäten
einer Unternehmensgründung in
David Pfennig macht den Praxistest: Der Zellulosedämmstoff hält der Flamme stand
Deutschland. Offensichtlich ist es so, dass
die hier üblichen bürokratischen Hürden
für Jungunternehmer im Vergleich zu Griechenland
noch harmlos sind. Dass eine Unternehmensgründung
in Deutschland prinzipiell
innerhalb weniger Tage möglich ist,
erregte die Aufmerksamkeit der Gäste. Beeindruckt
zeigten sie sich vom relativ unkomplizierten
Ablauf einer Gründung, den
David Pfennig sowie die Mitarbeiterin des
Starter-Centers der Handwerkskammer zu
Leipzig Grit Kinne erläuterte. „Eine Firmenübernahme
ohne Konzessionszahlung
ist in Griechenland scheinbar undenkbar“,
stellte die Gründungsberaterin der Kammer
resigniert fest. Bleibt zu hoffen, dass
ein solcher Erfahrungsaustausch Früchte
tragen möge.
Bildunterschriften:
David Pfennig macht den Praxistest: Der Zellulosedämmstoff hält der Flamme stand