Südfassade fertig / Mittelschule erhält Namen Robert Härtwig
Oschatz (ak). Vor fast zehn
Jahren begann die Stadt
Oschatz, in das historische
Schulgebäude in der Bahnhofstraße
zu investieren.
Zwar sind ausreichender
Platz und ein repräsentatives
Aussehen deutliche Pluspunkte
für einen Schulstandort.
Aber natürlich soll in dieser
großzügigen Hülle zeitgemäß
gelehrt und gelernt werden.
Dazu gehört unter anderem,
dass moderne Medienanschlüsse
bereitstehen müssen.
An Brand- und Unfallschutz
stellt der Gesetzgeber heute
andere Anforderungen als noch
vor 20 Jahren. Noch schneller
haben sich in der jüngeren Vergangenheit
die Auflagen hinsichtlich
der Energieeffizienz
öffentlicher Gebäude geändert,
wenn die Baumaßnahme öffentlich
gefördert werden soll.
Das erfordert so manchen Spagat.
Die Fenster des Hauses,
dessen Bau vor 130 Jahren begann,
sollen nach dem Willen
der Denkmalschutzbehörden
so aussehen, als ob sie aus jener
Zeit stammen. Andererseits
müssen sie heutigen Standards
für Schallschutz und Wärmedämmung
genügen. Schmale
Profilleisten waren mit modernem
Glas zu kombinieren“,
sagt dazu Bernd Koch, Geschäftsführer
der Tischlerei
Oschatz GmbH. „Der Industrie
dürfte es schwerfallen, dafür
passende Lösungen anzubieten.
Wir haben sie mit unserem
handwerklichen Know-how
komplett in Oschatz gebaut.“
Sie – das sind, rechnet man
das Kellergeschoss mit, insgesamt
139 Fenster. „Das sie wenig
Wärme an die Umwelt abgeben,
wird man in Zukunft
hoffentlich deutlich im Stadtsäckel
spüren“, meint Bernd
Koch. Handwerkliches Können
war auch bei der Aufarbeitung
der massiven Eingangstüren
gefragt. Sie entstanden in einer
Zeit, als solche Bauteile noch
nicht industriell, aber mit viel
Liebe zum Detail angefertigt
wurden. Das lässt sich nach
der Sanierung wieder gut erkennen.
Seit 1992 ist das Schulgebäude
fast ununterbrochen Baustelle
gewesen. Nur zwischen
1994 und 1999 liefen keine
Baumaßnahmen. „Vom Keller
bis zum Dach ist das Haus inzwischen
fast komplett saniert“,
erläutert die im Oschatzer
Rathaus für die Stadtkernsanierung
zuständige Sachbearbeiterin
Bettina Trenkler. So
nehmen die Fußböden in der
Schule, die im Laufe der Jahre
komplett saniert wurden, eine
Fläche von rund 5500 Quadratmetern
ein. Aus dem Bauamt
war ebenfalls zu erfahren, dass
rund 400 Wassereimer Farbe
benötigt würden, um die Räume
in der Schule einmal zu
streichen. Im Haus könnte man
auch das Sprinten üben,
schließlich sind die Flure von
Giebel zu Giebel 80 Meter lang.
„Lediglich die Außenanlagen
sind noch zu gestalten und
kleinere Teile der Außenhaut
müssen noch erneuert werden.
Abgerechnet wurden in den
vergangenen Jahren Bauleistungen
im Umfang von 4,7
Millionen Euro. Darin ist die soeben
abgeschlossene Sanierung
der Südfassade, für die
rund eine Million Euro veranschlagt
war, noch nicht enthalten“,
sagt Bettina Trenkler. Von
diesen Baukosten seien rund
2,3 Millionen Euro durch Bund
und Freistaat gefördert worden.
Für den jüngsten Bauabschnitt
betrug die im Rahmen des Programmes
„Stadtumbau Ost“
gewährte Förderquote nach
Angaben aus dem Rathaus 66
Prozent.
Ehrung für Initiator nach 128 Jahren
Oschatz. Wenn das Schulgebäude
in der Bahnhofstraße 5 heute
den Namen Robert Härtwig erhält,
schließt sich ein Kreis. Im
März 1881 beschloss der
Oschatzer Stadtrat den Bau dieses
Hauses. Bürgermeister der
Stadt war zu diesem Zeitpunkt
Robert Härtwig. Im Jahr 1883
konnte die Schule eingeweiht
werden. Bis in die 1930er Jahre
wurden Mädchen und Jungen
hier übrigens getrennt unterrichtet.
Seit der Einweihung vor 128
Jahren gab es in der Schulgeschichte
des Hauses nur für wenige
Jahre Unterbrechungen.
Während des 2. Weltkrieges
diente es zunächst als Notquartier
für ausgesiedelte Deutsche,
zum Ende des Krieges wurden
Flüchtlinge aus dem Osten einquartiert.
Nach dem Krieg erhielt
die Schule anstelle des Namens
eines Funktionärs des nationalsozialistischen
Lehrerbundes
den des Oschatzer Lehrers Erich
Vogel. Er war KPD-Mitglied, wurde
von den Nazis aus dem
Schuldienst entfernt und während
deren Herrschaft mehrfach
in Konzentrationslagern gefangen
gehalten.
Als kurz danach der Schulbetrieb
in zwei Einrichtungen unter
einem Dach getrennt wurde, entstand
neben der Erich-Vogel-
Schule die Pestalozzischule.
Nach der Verabschiedung des
sächsischen Schulgesetzes
1992 wurde aus der Pestalozzischule
ein Gymnasium. Der nach
Erich Vogel benannte Teil diente
als Grundschule. Ab 1995 hatte
im Schulhaus nur noch das Pestalozzi-
Gymnasium sein Domizil.
Zum bisher letzten Mal wurde
2004 eine Entscheidung des
Stadtrates zur Schulstruktur in
Oschatz wirksam, die das Schulgebäude
an der Bahnhofstraße
betraf. Es wurde beschlossen,
dass für Oschatz und sein Umland
nur noch ein Gymnasium
gebraucht wird. Dieses wurde im
Thomas-Mann-Gymnasium eingerichtet.
Aus dem Pestalozzi-
Gymnasium wurde der zentrale
Oschatzer Mittelschulstandort.
Mehr zur Schulgeschichte unter:
cms.sn.schule.de/ms-oschatz/schule/schulgeschichte